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Es ist Sonntag, 8:30 Uhr am Morgen und wir sitzen in der Metro nach Brooklyn. Ich habe mir im Vorfeld oft vorgestellt wie es wohl sein wird – das erste Mal in New York und ahnte schon, dass ich nicht unbedingt ein großer Manhattan Fan werde. Ich behielt recht. Wir befanden uns seit 18 Stunden in der Stadt, die irgendwie jeder kennt auch ohne je dort gewesen zu sein. Unser Hotel lag direkt am Times Square – vielleicht ein Fehler. Ich hatte das Gefühl diese Stadt erschlägt mich und fühlte mich wie unter einer Käseglocke gefangen. Keine Frage, die eindrucksvolle Architektur, der Central Park, der aufstrebende Meatpacking Disrict und auch der High Line Park sind einfach toll! Nur so mittendrin war es mir ein wenig zu laut, zu dreckig und viel zu hektisch…
Umso glücklicher war ich als wir in an der Bedford Avenue ausstiegen. Das ist es also – das hippe Williamsburg. Mir gefiel es sofort. Die flachen Bauten & das künstlerische Flair sind einfach meins. Es nieselte. Unser Ziel war die Kaffeerösterei Tobys Estate Coffee. Hier herrschte bereits reges Treiben. Die Uhr zeigte mittlerweile 9:00 Uhr und wir hatten Mühe noch einen freien Platz zu finden. Allerdings ist das in New York nicht unbedingt ein riesen Problem. Da setzt man sich einfach dazu – ist der Platz am Tisch auch noch so klein. Ich mag das. Wir tranken sehr guten Kaffee und aßen Avocado Toast mit Ei. Lecker.
So fing alles an
Doch das Frühstück war nicht der eigentliche Grund, warum wir in Williamsburg saßen. Eine 4-stündige Entdeckungstour durch Brooklyn mit Dani stand nämlich auf dem Programm. Auf die Tour aufmerksam geworden sind wir eher zufällig über Airbnb: Brooklyn´s viele Gesichter. Klingt spannend, dachte ich. Man kann direkt ein Datum auswählen und schauen wer einen noch so begleiten wird. Wir buchten. Das war anfangs gar nicht so einfach, denn unsere Tour fiel auf das WM – Finale und Roman war noch voller Hoffnung unsere Nationalelf dort zu sehen. Wie die WM für uns lief wissen wir wohl alle – daher stand unserer Erkundung (zum Glück) nichts im Wege.
Treffpunkt: 164 Bedford Avenue
Gut gestärkt machten wir uns auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Dani kam freudestrahlend mit einem großen Coffee-to-go in der Hand auf uns zu und war mir sofort sympathisch. Das liegt nicht zuletzt daran, dass uns eines verbindet: Das Reisen. Nein. Es ist diese freundliche, lustige und offene Art, die ich an Menschen schätze. Man merkt sofort, dass sie Brooklyn liebt. Dieser Enthusiasmus übertrug sich rasend schnell auf die Gruppe und es waren für mich die schönsten 4 1/2 Stunden in dieser großen weiten Stadt. Dani kommt ursprünglich aus Deutschland, lebt seit vielen Jahren in New York und hat in fast allen Neighborhoods von Brooklyn gewohnt. Wenn sie nicht gerade Touristen durch die Stadt führt, dann schreibt sie u.a. auf ihrem Reiseblog Globetrottergirls. Wer mag, sollte unbedingt mal einen Blick drauf werfen.
Das ist Brooklyn
Wir begannen mit einer kurzen Vorstellungsrunde. Die Gruppe war bunt gemischt und gut gelaunt. Danach gab Dani uns eine kleine Einführung. Sie schlug die Stadtkarte auf und wir staunten nicht schlecht. Brooklyn ist riesig! Der Stadteil kommt auf 2,6 Millionen Einwohner bei einer Gesamtfläche von 251 km² und ist damit größer als beispielsweise San Fransisco oder Washington D.C. Wäre Brooklyn eine eigene Stadt, würde man sie nach NYC, LA und Chicago als viertgrößte Stadt der USA aufführen. Wir schauten uns mit großen Augen an. Das hatten wir nicht erwartet. Möchte man den gesamten Stadtteil erkunden, braucht man also sicher mehr als ein paar Stunden.
Williamsburg
East River State Park Beach
Unser erstes Ziel war der East River State Park Beach im Nordwesten von Williamsburg. Von hier aus hat man einen atemberaubend schönen Blick auf Manhattans Skyline. Bei gutem Wetter kann man sich ein wenig die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und auch baden gehen. Es war erstaunlich leer um diese Uhrzeit – um ehrlich zu sein waren wir die Einzigen. Wir konnten uns in Ruhe umschauen, ein paar Schritte im weichen Sand laufen und erfuhren nebenbei Interessantes über Williamsburg.
Williamsburg im Wandel…
Und genau hier machte sie uns auf Bauten aufmerksam, die irgendwie nicht dazu gehören. Große, moderne Glaskästen, die sich Luxushotels schimpfen und absolut gar nicht in das Konzept des Bezirks passen. Aber es ist wie in jeder anderen Stadt auch. Hier wollen alle hin, hier sehen Investoren große Chancen und sie haben damit ja auch Erfolg. Bei den New Yorkern bzw. bei den in Brooklyn lebenden New Yorkern kommt das Ganze nicht wirklich gut an. So gilt gerade Williamsburg als Urstein der Hipsterbewegung und das was diesen Teil ausmacht, geht immer mehr verloren. Moderne Architektur vertreibt alte Fabrikbauten. Man kann ja zu dem Ganzen stehen wie man will. Schade ist es trotzdem. Denn ich finde, dass nicht nur endlos strahlende Hochhäuser diese Stadt ausmachen, sondern auch die etwas heruntergekommenen Lagerhallen und flachen Industriegebäude.
Artists & Fleas
Unser nächster Stopp war der Artists & Fleas. Man drückte uns einen Jutebeutel in die Hand und wir begaben uns auf Entdeckungsreise. Dieser schöne Vintage-Fashion-Markt lässt Shopping- Herzen höher schlagen. 2003 gegründet, befindet er sich seit 2010 an eben jener Stelle in Williamsburg und empfängt Mode-, Ess-, und Musikbegeisterte gleichermaßen. Hier treffen jedes Wochenende die „Kreativen“ zusammen und verkaufen bzw. kaufen Mode, Kunst, Schallplatten, Schmuck und vieles vieles mehr. Wer sich unter das bunte Publikum mischt, findet ausgefallene Vintage-Stücke und handgemachte Schätze. Und was haben wir gekauft? Karten mit schönen Zitaten und leckere Yoosh´s Kekse.
Adresse: Artists and Fleas, 70 North 7th Street, Williamsburg, Brooklyn, New York
Öffnungszeiten: Sa & So 10 am – 7 pm
Second Hand Geschäfte
Williamsburg und Second Hand Geschäfte – das gehört zusammen wie Gin und Tonic. Sie sind DAS Aushängeschild für Williamsburg. Wir stoppten an einer kleinen Passage, der Mini Mall. Hier sind gleich mehrere Läden untergebracht. In dem kahlen Flur stand ein Bücheregal mit 1 $ Büchern neben Kaugummiautomaten und gut bestückten Kleiderstangen. Wer auf Second Hand steht, der wird in Williamsburg an jeder Ecke fündig und kann die Kassen klingeln lassen. Nur wenige Meter entfernt begaben wir uns in den Brooklyner Untergrund – wir fuhren mit der Bahn nach Bushwick.
Adresse: The Mini Mall, 218 Bedford Ave, Williamsburg, Brooklyn, New York
Öffnungszeiten: Mo-So 10 am – 8pm
Bushwick
Als wir die Metro in Bushwick verließen und in der Oberwelt zurück waren, eröffnete sich ein völlig anderes Bild als in Williamsburg. Ich hatte gehört, dass Bushwick nach Williamsburg jetzt das In-Viertel ist, mit viel Streetart und ein paar coolen Bars. Ja – die Beschreibung passt. Streetart gibt es überall – aber das sie so gut ist, hätte ich nicht gedacht. Wenn man aus Deutschland und speziell aus Berlin kommt, denkt man ja, man lebe in der coolsten Stadt der Welt mit der coolsten Streetart – ähm – nee sorry, aber die Streetart am RAW Gelände unterscheidet sich schon drastisch von der in Bushwick. Ich habe keine Ahnung von Graffitis und deren Künstlern, aber das was ich hier gesehen habe hat mich manchmal sprachlos gemacht. Das ist wirklich Kunst!
The Bushwick Collective
In Bushwicks Streetart findet sich immer ein Name wieder: The Bushwick Collective. Ein Zusammenschluss von Künstlern, die 1x im Jahr die legendäre Block Party feiern. Geladen sind Künstler aus aller Welt und es wird nur eins gemacht: Gesprayt was die Dosen hergeben. Aus diesem Grund sehen Bushwicks Gebäude auch jedes Jahr unterschiedlich aus, denn die Wände werden pünktlich zur Block Party von neuen Künstlern bemalt. Neben der Streetart unterscheidet sich auch die Architektur von der in Williamsburg. Außerdem lebt in Bushwick ein großer Anteil an Mexikanern. Immer wieder sieht man mexikanische Shops und Restaurants. Dani sagt: „Hier gibt es authentische mexikanische Küche und kein Tex-Mex.“ Wir hatten fast die Halbzeit erreicht und machten eine kurze Pause. Nächster Stopp: Die größte jüdisch-orthodoxe Gemeinschaft außerhalb Israels – das Satmar Viertel.
Das Satmar Viertel in Williamsburg
Von Bushwick ging es zurück nach Williamsburg in das Satmar Viertel. Die Gegend ist nicht besonders hübsch. Für einen Sonntag war in dem jüdischen Viertel auch erstaunlich wenig Betrieb. Hin und wieder hing sich der Ein oder Andere an unsere Gruppe und lauschte Danis Worten. Ich hatte mit hebräischen Schriftzügen gerechnet, aber das Satmar Viertel wirkt komplett wie aus einer anderen Epoche.
Das Straßenbild ist geprägt von Männern in schwarzen knielangen Mänteln, radförmigen Hüten und weißen Strumpfhosen. Frauen tragen schlichte knielange Röcke und Perücken auf dem Kopf. „Wir sind in der größten jüdisch-orthodoxen Gemeinde außerhalb Israles“, sagte Dani. Bis zu 250.000 Menschen leben hier in einer Parallelwelt. Völlig anders als der Rest New Yorks. Sie fahren mit Bussen, in denen die Männer vorne und die Frauen hinten sitzen. Eigene jüdische Gerichte und Polizeistationen regeln Recht und Unrecht. Auch die Schulen sind nach Geschlechtern getrennt. In so gut wie allen Haushalten sind amerikanisches Fernsehen, Bücher und zu einem großen Teil sogar Handys verboten oder so „präpariert“, dass nur auf jüdische Inhalte zurückgegriffen werden darf. Diese strikten Regeln waren mir fremd. Ich traute mich kaum Fotos zu machen. Angst und Respekt vermischten sich.
Hier sah ich auch zum ersten Mal einen etwas anderen Baustil. Vor den meisten Fenstern befanden sich kleine Käfigboxen. Zunächst gingen wir davon aus, dass sie als Schutz gegen Einbrüche montiert wurden. Doch weit gefehlt. Im Sommer stehen oftmals auch kleine Stühlchen darin. Die Kinderrate ist im Satmar – Viertel vergleichsweise hoch – ca. 6 Kinder bringen die Frauen zur Welt. Und damit die kleinen Racker nicht aus dem Fenster fallen, während Mama den Haushalt führt, gibt es diese kleinen „Austritte“.
Marcy Houses Project
Am Rande des Satmar Viertels befindet sich ein Komplex des Marcy Houses Project – Sozialwohnungen für Familien mit geringen Einkommen. Die Gegend gilt als sozialer Brennpunkt und Drogenprobleme stehen hier an der Tagesordnung. Es passte ins Bild, dass im Auto nebenan jemand sein restliches Gras wegrauchte (obwohl das in Großstädten auf der ganzen Welt eigentlich kein seltener Anblick mehr ist). Genau hier ist übrigens auch der Rapper Jay-Z aufgewachsen. Ich war ganz froh, dass wir direkt an der Metro Station standen und wenig später in ihr verschwanden. Das nächste Ziel: Cobble Hill.
Cobble Hill
Schöne Häuschen, Biocafés, Bioläden und junge Familien – der Prenzlauer Berg New Yorks. Eine völlig andere Welt als Satmar Viertel und sozialer Brennpunkt. In einer kleinen Seitenstraßen fand ein Fest mit bunten Girlanden statt. Die Menschen waren fröhlich und lachten. Während ich diese Zeilen schreibe denke ich, dass es schon einzigartig ist, wie unterschiedlich ein einzelner Bezirk sein kann. Wir taten in Cobble Hill auch nichts anderes als einfach nur durch die Straßen zu laufen und Fotos von den schönen Häusern zu knipsen. Die Gegend ist bekannt für ihre Reihenhäuser mit brauner Fassade, Steintreppen und eisernen Geländerstangen – Brownstone Houses. Die Straßen von Cobble Hill gehen nahtlos in die der Nachbarschaft Brooklyn Heights über. Auch hier dominieren Brownstone Häuser das Straßenbild.
Kleiner Exkurs: Was ist Brownstone?
Brownstones sind, wie der Name schon verrät, braun. Es handelt sich hierbei aber nicht um festes Gestein, sondern um eine Art Sandstein mit Eisenoxid Anteilen, die ihm die rote Farbe verleihen, der aber mit der Zeit brüchig und sandig wird. Den meisten Häusern dient er tatsächlich auch nur als Außenverkleidung. Gebaut werden sie dann nämlich aus rot-braunen Ziegelsteinen.
Brooklyn Heights
Wir schlenderten durch aufgeräumte, saubere Straßen, spießig wirkende Vorgärten und wenn die großen alten Fenster einen Blick in die roten Backsteinhäuser zuließen, eröffneten sich perfekt gestylte Inneneinrichtungen mit abgestimmten Farbtönen. Otto Normalverbraucher wohnen hier allerdings nicht mehr – dafür sind die Mieten und Kaufpreise viel zu hoch. Ich fand es sehr entspannend durch die leeren, von Bäumen umsäumten, Straßen zu laufen und diese Idylle auf mich wirken zu lassen. Ein absolutes Highlight ist die Uferpromenade des Bezirks. Denn von von hier hat man einen wahnsinnig tollen Blick auf die Skyline von Manhattan. Tagsüber ist das schon der Wahnsinn, aber nachts stelle ich es mir noch imposanter vor. Und hier sah ich auch zum ersten Mal die berühmte Brooklyn Bridge.
Zeit Goodbye zu sagen
An dieser Stelle endete unsere Tour. Obwohl wir mittlerweile 4 1/2 Stunden unterwegs waren, konnte ich nicht genug bekommen. Müdigkeit war zu diesem Zeitpunkt ein Fremdwort. Wir verabschiedeten einen Teil der Gruppe und liefen mit Dani die Uferpromenade entlang bis auch sie ihren Heimweg antrat. Sie erzählte uns von ihren Erlebnissen in Brooklyn, all den Gegenden in denen sie gewohnt hatte und dass sie irgendwann nach Deutschland zurück kommen wird. Ihre Wahlheimat dann: Berlin. Liebe Dani, vielleicht treffen wir uns in ein paar Jahren im hippen Kreuzberg wieder und ich kann dich durch „meine“ Stadt führen.
Mein Fazit:
Danis Tour durch Brooklyn war mein persönliches Highlight in New York! Ich fand es interessant Orte zu sehen, die eben nicht in jedem Reiseführer beschrieben sind oder die man schon hunderte Male im Fernsehen gesehen hat. Denn mein New York Besuch war wirklich ein wenig so: Ah ok das ist jetzt also das Rockefeller Center – sieht aus wie im Fernsehen – ah ok das ist jetzt also die völlig überfüllte kostenlose Staten Island Ferry, die an der Freiheitsstatue vorbei fährt – ah ok, dass ist jetzt also ein New Yorker Wolkenkratzer. Das klingt jetzt fast so als wäre ich undankbar oder schon abgestumpft vor lauter Reisen. In Brooklyn habe ich einfach etwas Neues entdeckt. Williamsburg und Bushwick sind zweifelsohne auch keine unbeschriebenen Stadtteile mehr, aber wie es dort aussieht oder lebt konnte ich mir nicht richtig vorstellen. Auch wenn ich das Satmar Viertel nicht hübsch fand, so war es trotzdem interessant und neu für mich. Cobble Hill & Brooklyn Heights waren dann noch das Sahnehäubchen der Entdeckungsreise. Wie ihr seht: Danis Tour zeigt völlig verschiedene Gegenden, die ein kunterbuntes neues Bild abgeben. Sie hat so viel Insiderwissen und Tipps, das es wirklich Spass macht mit ihr unterwegs zu sein. Ich kann guten Gewissens jedem die Tour empfehlen und freue mich über eure Erlebnisse!
Ihr habt Fragen, Ideen oder Anmerkungen? Dann schreibt mir gern steffi@reiselustundfernweh.de!
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